Was ist Sucht?


"Casanovas besitzen eine starke Neigung zu Alkohol- und Drogenmissbrauch, Spielleidenschaft, Ess- oder Arbeitswut."

"...fühlte ich mich unerträglich stark zu Frauen hingezogen, egal ob ich sie kannte oder nur kurz im Vorübergehen erspäht hatte. Ich sage "unerträglich", weil ich in ihrer Gegenwart zitterte, nach Luft schnappte und manchmal Tränen in den Augen hatte."

Eine Liste der Süchte
Süchtig kann man -neben Drogen- nach allem werden, was das Belohnungszentrum im Gehirn in Gang setzt: Hochkalorische Speisen, Sex, Risiken, Gewinnen und Neues, dies sind die Dinge, die unsere Gehirn mit Dopamin belohnt.
Substanzbezogene Süchte: Alkoholismus, Drogensucht, Beruhigungsmittelsucht, Schlafmittelsucht, Nikotinsucht, Ess-Sucht, Magersucht, Koffeinsucht, Süßigkeitensucht etc.
Situationsbezogene bzw. Verhaltenssüchte: Internet-Sucht, Pornosucht, Lesesucht, Kaufrausch, Glücksspiel, Arbeitssucht, PC-Spielsucht, Sportsucht, Abenteuersucht, Computersucht etc.

Bin ich süchtig? - Der Selbsttest
Können Sie eine Woche ohne die oben genannten Dinge auskommen? Oder bekommen Sie Angst oder werden Sie wütend, wenn Sie sich vorstellen, z.B. eine Woche keinen Sex (auch keinen selbst induzierten) zu haben? Keine Zigarette, kein Alkohol, kein Bungee-Jumping, keine PC-Spiele, kein exzessiver Sport etc. für nur eine einzige Woche. Beobachten Sie auch, ob sie von einer Sucht auf die andere ausweichen.

Medizinsche Definition nach der WHO
Eine Sucht liegt nach Definition der Weltgesundheitsbehörde (WHO) dann vor, wenn die betroffene Person dem Konsum einer Substanz oder -klasse, die bei ihr körperliche, Verhaltens- oder geistige Phänome hervorruft, mehr Bedeutung beimisst, als anderen Verhaltensweisen, die ihr früher wichtig waren. Es besteht ein übermächtiger Wunsch, diese Substanz zu konsumieren.

Es gibt "substanzbezogene" Süchte (z.B. Heroin-, Alkohol-, Nikotinsucht) und "situationsbezogene" Süchte (z.B. Spiel-, Arbeitssucht).

Zu den typischen Kennzeichen gehören:
- der überwältigende Wunsch oder das Bedürfnis, den Drogengebrauch fortzusetzen
- sich die Droge unter allen Umständen zu verschaffen
- eine Tendenz, die Dosis zu erhöhen
- eine psychische und/oder eine physische Abhängigkeit von den Wirkungen der Droge
- eine zerstörerische Wirkung auf den Einzelnen und auf die Gesellschaft

Psychosoziale Definition
Diese Definition betrachtet den Menschen als Einzelwesen, der durch seine Sucht fremdbestimmt und nicht mehr Herr seiner selbst ist. Die Sucht hemmt den Süchtigen in seiner Entwicklung, führt ihn somit in eine Art Erstarrung. Sucht ist demnach ein die Entwicklung des Einzelnen beeinträchtigendes Verhalten beziehungsweise eine insgesamt zerstörerische Entwicklung. Die wesentlichen Punkte aus psychosozialer Sicht sind:
- zwanghafte Wiederholung
- Einengung der eigenen Entwicklung mit Verlust an Interessen und der Selbstkontrolle
- Entzugserscheinungen bei ausbleibender Befriedigung
- Rechtfertigungszwang des Süchtigen gegenüber seiner Umgebung
- Mangelnde Selbstfürsorge (Hygiene, Nahrung, Kleidung...)

Neurobiologische Definition
Die Zusammenhänge von Sucht und biochemischen Reaktionen des Gehirns werden zur Zeit immer stärker erforscht und belegt.
- Jedes Suchtmittel führt zu einer Reaktion im sogenannten Belohnungszentrum des Gehirns.
- Durch die verstärkte Stimulation der Dopaminrezeptoren ergibt sich ein Hochgefühl.
- Diese verstärkte Stimulation führt dazu, dass die Rezeptoren sich verschließen.
- Dadurch findet eine Desensibilisierung statt, es wird eine höhere Dosis benötigt.
- Die höhere Dosis führt wiederum zur stärkenen Desensibilisierung und so fort.
- Gleichzeitig kommt es nach jedem Hoch zu einem Tief, einer schmerzlichen Zeit des Entzugs.
- Dabei handelt es sich auch um einen körperlichen Entzug.
- Diese Entzugszeit dauert ca. 14 Tage, danach ist die Körperchemie wieder im Lot.
- Das Belohnungszentrum reagiert besonders stark auf hochkalorische Speisen, Risiken, Gewinnen, Sex.
- Substanz-Drogen simulieren die Dopamin-Ausschüttung.
- Auf Dauer kommt es zu einer Zerrüttung des Immunsystems und einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit, sowie Erschöpfung und Antriebslosigkeit. Die Kehrseite ist immer die Depression (siehe den gestörten Dopaminhaushalt bei Parkinsonkrankheit und manischer Depression).
Egal welchem Suchtmittel man frönt, es kommt immer zur Ausschüttung körpereigener Drogen (vor allem Dopamin). Das bedeutet, jeder Süchtige ist im Prinzip süchtig nach seinem körpereigenen Dopamin. Und jeder Süchtige hat seine speziellen Wege, die Ausschüttung dieser Drogen hervorzurufen.

"Im Mittelpunkt jeder Sucht herrscht wie bei einem Wirbelsturm ein Vakuum, ein ruhiger Punkt der Leere... Die Leere schreit nach Erfüllung, die sich endlos wiederholen muss..., so dass der Kreislauf aus Hunger, momentaner Ganzheit und erneuter Leere zum beherrschenden Ritual im Leben des Süchtigen wird...

Dieser Zustand ist nicht nur durch das Gefühl der Wertlosigkeit charakterisiert, sondern durch ein verschwommenes und bruchstückhaftes Selbstwertgefühl - eine grundsätzliche Unsicherheit über die eigene Existenz...

Wenn der Süchtige zur Spritze oder der Alkoholiker zur Flasche greift, erfährt er nicht so sehr Lust, sondern ein Gefühl der "Ganzheit", das ihm bis zu jenem Augenblick gefehlt hat. Seine Droge... gibt ihm das Gefühl der eigenen Identität.

Die Erfahrung, dass Süchtige, die dem Heroin entsagen, anschließend Alkoholiker werden, legt den Schluss nahe, dass Sucht nicht von einer bestimmten Droge abhängt."


Alle Zitate auf dieser Seite sind dem Buch "Der Casanova-Komplex" von Peter Trachtenberg entnommen.








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